Bio-Tee von Kami-no-En, Miyazaki

JAPAN: MIYAZAKI BIO-TEEGARTEN KAMI-NO EN

Der biologische Teegarten Kami-no En befindet sich in der Präfektur Miyazaki, auf der südlichen Hauptinsel Kyushu und nahe der Pazifikküste. Inspiriert von seinem Vater hat Naoki Kamimizu den Teegarten 2009 gegründet. Mit viel Freude und Kreativität betreibt er diesen gemeinsam mit seiner Frau Misa, seiner Mutter Etsuko und seinem Onkel. Die befreundete Bio-Teegarten-Familie Morimoto hat sie dabei von Anfang an mit Rat und Tat begleitet.

Foto: Kami-no-En:  Naoki Kamimizu und Misa Kamimizu

Naoki Kamimizu entschied sich mit Anfang dreißig, seinen bisherigen Job aufzugeben und in seine Heimat Miyazaki zurückzukehren. Dort half er zunächst in einem Teegarten mit. Das Interesse am Tee kam nicht von ungefähr: Tatsächlich hatte schon sein Vater Yoshihito ein Studium am Teeforschungsinstitut in Miyazaki abgeschlossen und jahrzehntelang Teegärten bei der Produktion beraten. Zuletzt war er in einem Teegarten als Verantwortlicher für die Aracha-Produktion tätig. Dies war auch der Betrieb, in dem sein Sohn Naoki mithalf und die Kunst der Teeherstellung für sich entdeckte.

Bald schon kam in Naoki der Wunsch auf, einen eigenen Teegarten zu führen. Es war eine Fügung des Schicksals, als sich die Gelegenheit bot, einige Teefelder und eine alte Aracha-Fabrik in der Gegend zu übernehmen. Dank des umfangreichen Wissens und der Erfahrung des Vaters und der großen Begeisterung und Tatkraft des Sohnes konnte die Fabrik rasch instandgesetzt und zu neuem Leben erweckt werden. In der bis ins Detail hervorragend organisierten Produktionshalle spürt man die Hingabe und Sorgfalt der Familie. An mehreren Stellen haben sie beispielsweise zusätzliche Sortierungsmechanismen eingebaut, um den Tee noch feiner produzieren zu können.

In Anlehnung an den Familiennamen erhielt der Teegarten den Namen Kamo-no En. Mit rund 6,6 Hektar hat er eine mittlere Größe für einen japanischen Familienteegarten. Die Teegarten-Parzellen sind auf acht Standorte im Ort Kawaminami verteilt. Teils liegen diese direkt bei den Produktionsräumen, teils sind sie weiter entfernt und können nicht täglich besucht werden. So kann es während der Wachstumsperiode im Frühling durchaus vorkommen, dass eine Woche nach der letzten Begehung plötzlich ein meterhoher Bambus mitten aus dem Teefeld sprießt.

Von Anfang an bemühte Naoki Kamimizu sich, möglichst wenig Pestizide und Kunstdünger zu verwenden. 2014 stellte er den Teegarten vollständig auf biologischen Anbau um. Naoki kannte bereits Teebauern, die ökologischen Anbau betrieben. Ausschlaggebend für seine Entscheidung war jedoch die Begegnung mit Shigeru Morimoto. Die Teebauern Haruyo und Shigeru Morimoto leben und arbeiten ebenfalls im Ort Kawaminami; sie waren in den 1970er-Jahren Pioniere des Bio-Teeanbaus in der Region. Naoki Kamimizu lernte Shigeru bei der lokalen Teebauern-Vereinigung kennen. Letzterer fungierte damals als Vorsitzender der Vereinigung; Naoki übernahm den Posten als stellvertretender Vorsitzender. Shigeru konnte sich in der Zusammenarbeit vom Engagement des Nachwuchs-Teebauern überzeugen und schenkte ihm schnell sein Vertrauen.

Haruyo und Shigeru Morimoto ist die Unterstützung jüngerer Generationen von Teebauern ein wichtiges Anliegen. So sind sie auch mit der Bio-Teebauern-Familie Kadota im Nachbarort seit vielen Jahren eng verbunden. Als Naoki und Misa Kamimizu ihren Betrieb aufbauten, haben Morimotos sie von der Umstellung auf den ökologischen Anbau über das Erlernen der Endverarbeitung bis hin zum Schritt nach Europa umfassend unterstützt. Morimotos geben ihr über Jahrzehnte hinweg erworbenes Wissen an Naoki und Misa und lassen sie damit in gewisser Weise auch in ihre Fußstapfen treten. Man spürt, wie stolz die Morimotos auf das junge Teebauern-Paar Kamimizu sind.

Auf den Teefeldern von Kami-no En wachsen die Teestrauchsorten (Cultivare) Yutaka Midori, Kanaya Midori und Yabukita, die Teetrinkern in Europa bereits von weiteren Bio-Teegärten vertraut sind. Daneben kultivieren sie weitere, seltener angebaute Sorten wie Yamakai und Komakage sowie die aus Miyazaki stammende Yamanami. In der landschaftlichen Vielfalt der Teegarten-Parzellen spiegelt sich auch die Vielfalt der Natur Miyazakis. Von einigen Feldern aus sieht man über die Ebene bis zum Pazifischen Ozean, von anderen schweift der Blick über tiefgrüne Berglandschaften mit kleinen Dorfsiedlungen.

Kami-no-En: Berg-Teegarten

Während sich Naoki auf die Verarbeitung und Teeproduktion konzentriert, fährt seine Ehefrau Misa die Erntemaschine. Ursprünglich als Krankenschwester tätig, war ihr, mit einem Reisbauern als Großvater, die Landwirtschaft von klein auf vertraut. Naokis charmante Mutter Etsuko unterstützt die beiden, wo sie nur kann, und ist oft auf den Feldern beim Jäten der Beikräuter anzutreffen. Auch der Onkel, Etsukos Bruder, arbeitet im Betrieb mit und hilft bei der Ernte. Diese Aufgabe hatte noch bis vor kurzem Naokis Vater inne: Yoshihito Kamimizu ist 2023 verstorben. Im Teegarten Kami-no En lebt auch sein Vermächtnis weiter.

Mit drei kleinen Kindern und dem Familien-Teegarten haben Kamimizus alle Hände voll zu tun. Doch am warmen, ausgeglichenen Lächeln von Naoki und an Misas strahlenden Augen merkt man schnell, wieviel Freude ihnen die Arbeit bereitet. Der liebevolle Umgang der Familienmitglieder zeugt von einem starken Zusammenhalt und tiefem Vertrauen. Und zweifellos tragen auch die Kleinsten mit ihrer unerschöpflichen guten Laune zur schönen Atmosphäre bei.

Seit 2023 führt der Teegarten Kami-no En auch die Endverarbeitung (Shiage) der Tees selbst durch. Bisher hatten sie dies, wie viele Teebauern, spezialisierten Endverarbeitern oder auch der Familie Morimoto überlassen. Es war ihnen wichtig, sich zunächst auf die Vorverarbeitung (Aracha-Produktion) zu konzentrieren und diese zu meistern. Danach waren sie bereit für den nächsten Schritt. Ein glücklicher Zufall wollte, dass vor einiger Zeit das Grundstück neben ihrem Wohnhaus frei wurde. Dort errichteten sie einen kleinen Endverarbeitungs-Raum. Für die liebevolle Gestaltung mit duftenden Zedernholz-Toren und -Balken zeichnet ein befreundeter Schreiner verantwortlich, der auch das behagliche Wohnhaus der Morimotos entworfen hat. Auch auf die technische Ausstattung hatten die Morimotos großen Einfluss. Nicht nur stand Shigeru dem Nachwuchs als erfahrener Lehrmeister zur Seite; sogar die Maschinen konnten der Teegarten Kami-no En teilweise von der Familie Morimoto übernehmen. Diese haben ihre eigene Anlage erweitert und ihre älteren, kleiner dimensionierten Geräte dem Nachwuchs-Betrieb überlassen. Dort können Kamimizus nun den Aracha (vorverarbeiteten Tee) final sortieren und erhitzen und für die Reise nach Europa vorbereiten.

Stets wissbegierig und offen für neue Ideen ist Naoki vor einigen Jahren in einer landwirtschaftlichen Fachzeitschrift auf eine besondere Art der Bodenaktivierung gestoßen, die er seitdem anwendet. Dazu setzt er zweimal im Jahr eine Mischung aus haushaltsüblichen Zutaten wie Joghurt, Hefe, Natto-Bakterien und Wasser an. Die Mixtur wird eine Woche lang fermentiert und anschließend mit Wasser verdünnt ausgebracht. Das soll die Mikroorganismen im Boden fördern und so die Gesundheit der Teepflanzen stärken. Ob der Boden aktiv und lebendig ist, prüft Naoki eigenhändig anhand der Lockerheit der Erde.

Die Familie ist überglücklich, seit 2023 alle Verarbeitungsschritte vom Anbau über die Vorverarbeitung bis hin zur Endproduktion selbst durchführen zu können und ihre Tees erstmals auch Teeliebhabern in Europa anbieten zu können. Man spürt ihren Stolz, es als „Quereinsteiger“, wie sie selbst oft betonen, geschafft zu haben, einen eigenen Betrieb aufzubauen und hervorragende Bio-Tees zu produzieren.